Warum ich fotografiere



Ganz einfach: Ich will reich und berühmt werden wie Annie Leibovitz oder Peter Lindbergh! – Natürlich nicht (oder vielleicht ein klitzekleines bisschen, ganz tief im Herzen).

Fotografie hat mich schon lange fasziniert. Angefangen hat alles in der Schule im Schwarz-Weiß-Labor, weiter ging’s bei der Bundeswehr. Dort gab es eine Dunkelkammer, die außer mir niemand nutzte. Ich entwickelte Bilder aus Flensburg, Kiel und Eckernförde – Menschen kamen damals nur bei Feiern vor die Linse.

Während und nach dem Studium fotografierte ich hauptsächlich Produkte für Messen und Poster – privat wurde nur noch geknipst. Alles war natürlich analog. Digitalfotografie war lange zu teuer und qualitativ enttäuschend. Meine Hausmarke: Minolta.

Mit der Geburt unseres Kindes kam die erste Digitalkamera – eine Canon Powershot 70. Über 2000 Babyfotos im ersten Jahr! Danach nahm die Menge rapide ab. Als ich mich immer öfter dabei ertappte, auf die Rückseite meiner analogen Kamera zu schauen, war klar: Zeit für Digital-SLR.

2014, aus einem emotionalen Tief heraus, kaufte ich mir spontan eine Sony Alpha 77 Mk2 – sehr untypisch für mich. Im Urlaub entdeckte ich dann, wie sehr sich Technik und Bildqualität weiterentwickelt hatten. Die alten Minolta-Zoomobjektive konnten mit dem 24-MP-Sensor nicht mehr mithalten – nur das 50mm 1.4 blieb ein Traum. Es folgten also neue Objektive – und ein neuer Fotografie-Kick.

Zunächst knipste ich wieder alles, was nicht wegläuft. Dann landete ich spontan bei einem Portrait-Workshop – und war sofort begeistert. Inszenierte Porträts, Studio oder „on Location“, kontrolliertes Licht statt Zufall. Ausreden wie „schlechtes Licht“ gelten nicht mehr – jetzt liegt’s am Fotografen.

Das reizt mich: Licht gezielt setzen, mit Menschen arbeiten, gemeinsam kreative Ideen entwickeln. Kein Shooting ohne Vorbereitung – Konzept, Kommunikation mit dem Model, gemeinsame Bildideen. Das bisher längste Projekt dauerte von der ersten Idee bis zur fertigen Mappe über fünf Monate.

Nach dem Shooting folgt die Auswahl: Ich behalte meist nur ein Bild pro Motiv – ähnliche Varianten langweilen nur. Danach geht’s an die Bearbeitung:
Zuerst in Lightroom – Ausrichtung, Weißabgleich, Belichtung.
Dann in Photoshop – Hautretusche, Mikro-Dodge & Burn (inspiriert von Pratik Naik), punktuelles Schärfen und ein Farblook mit NIK-Filtern.

Am Ende: finaler Check, ein paar Tage ruhen lassen, dann Ausdruck oder Belichtung. Das Model bekommt eine Mappe mit den besten Bildern – und natürlich digitale Kopien.


Warum ich Akt fotografiere


Zwischen Licht und Schatten, Form und Gefühl begann für mich eine stille Faszination – die Entdeckung des nackten Körpers als Leinwand für Ausdruck, Würde und Schönheit.

Mein Einstieg in die Aktfotografie begann bei einem Workshop. Anfangs war ich aufgeregt – wie würde es sein, eine nackte Person zu fotografieren? Doch mit einem professionellen Trainer und einem selbstbewussten weiblichen Model, das völlig natürlich mit der Situation umging, wurde mir schnell klar: Nacktheit spielt keine zentrale Rolle. Was zählt, ist der fotografische Blick – das Licht, die Pose, der Ausdruck. Und all das ist losgelöst von erotischer Aufladung.

Mich fasziniert die Vielfalt des menschlichen Körpers. Jeder Mensch bringt etwas Eigenes mit – und meine Aufgabe ist es, das sichtbar zu machen. Schönheit ist für mich nicht genormt. Es gibt keine „hässlichen“ Körper – nur Bilder, die nicht funktionieren. Und wenn ein Bild nicht funktioniert, liegt die Verantwortung bei mir, nicht beim Model.

Ich fotografiere auch Fashion und Portraits, Menschen mit Kleidung, im Alltag oder inszeniert. Aber die Aktfotografie hat für mich einen besonderen Reiz – nicht wegen der Nacktheit an sich, sondern weil sie aus dem Gewöhnlichen herausführt. Kleidung ist unser tägliches Kostüm, oft festgelegt, oft begrenzend. Wer hat schon einen Theaterfundus zur Verfügung? Mit Kleidung ein außergewöhnliches Bild zu schaffen, erfordert viel Aufwand. Ein nackter Körper dagegen ist von sich aus schon ungewöhnlich – nicht alltäglich, nicht selbstverständlich. Und genau darin liegt für mich ein künstlerischer „Kick“: Mit wenig Mitteln eine starke, außergewöhnliche Wirkung zu erzielen.

Interessanterweise erlebe ich auch oft, dass sich viele Modelle nackt sogar freier fühlen – fast befreit von Rollen, Erwartungen oder modischer Codierung. Kleidung kann schnell langweilig wirken, während die gleiche Pose ohne Kleidung plötzlich Präsenz bekommt. Vielleicht liegt es daran, dass Nacktheit eben nicht alltäglich ist – und damit automatisch mehr Bedeutung trägt.

In meinen Arbeiten geht es um Präsenz, Stolz und Selbstbewusstsein. „Schau, ich bin nackt – und mir gefällt das!“ Diese Haltung inspiriert mich. Ich lehne devot dargestellte Körper oder entmündigende Blickwinkel ab. Posen von oben herab? Nicht mein Stil. Helmut Newton ist ein Vorbild für mich – seine Frauen sind stark, stolz und unübersehbar.

Dabei ist Respekt das Fundament meiner Arbeit. Ich schaffe einen geschützten Raum: frischer Bademantel, Slipper, Getränke, Snacks – kleine Dinge mit großer Wirkung. Und die wichtigste Regel lautet: Don’t touch the model. Vertrauen ist alles.

Natürlich begegne ich Vorurteilen. Als weißer, männlicher Fotograf über 50 passe ich zu gut ins Feindbild vieler Kritiker. Die „Titten-Fotograf“-Ecke ist schnell erreicht – aber ich arbeite mit einem hohen Anspruch und lasse meine Partnerin jede Serie gegenchecken. Kein Bild verlässt mein Studio, das nicht Haltung und Würde zeigt.

Denn Aktfotografie ist nicht Pornografie. Der Unterschied liegt in der Sorgfalt: In der Bildgestaltung, im Spiel mit Licht, Schatten und Unschärfe. Pornografie will alles zeigen, lässt nichts offen. Aktfotografie lädt zum Hinsehen ein – und lässt dennoch Raum für Fantasie.

In meinen Bildern geht es nicht um Haut, sondern um Haltung – um den Mut, sich zu zeigen, und die Kunst, das Unsichtbare sichtbar zu machen.